Suche dich Selbst

Bevor Philipp Mager mit der Arbeit an einem Bild beginnt, geht ein langes, grübelndes Denken voraus.  Reglos verharrt der Maler vor seiner grundierten Leinwand, eine halbe Stunde kann so vergehen, bis er sich endlich mit einem entschlossenen Ruck ans Werk macht.  Aber immer wieder unterbricht er sein Schaffen mit kritischen Pausen, tritt ein paar Schritte zurück, mustert das Gemalte, macht dann weiter, und so formuliert sich zwischen Zweifel und Zuversicht ein Bild.  Philipp Mager ist ein langsamer, und sich selbst gegenüber kritischer Maler.  Was aber entsteht ist von hoher Sensibilität, – atmosphärisch und dennoch konsequent komponiert.  Doch ein ambivalenter Hauch bleibt immer zurück, etwas, dass zwar sichtbar, aber nicht lokalisierbar ist, – es durchzieht sein ganzes Werk.  Diese seltsamen Abweichungen machen seine Kunst so unverwechselbar und üben auf uns einen betörenden Reiz aus.  Selbst bei seinen radikalsten Stilbrüchen, die der Maler mehrfach vollzog,  bleiben seine malerischen Eigenarten noch spürbar.

Erfolg, wirklicher Erfolg, hatte Philipp Mager am Ende seines Studiums an der H.d.K. Berlin, mit seinen Stillleben, die weißes, schimmerndes Porzellan zeigen.  Bis heute lassen diese Bilder so manches Sammlerherz höher schlagen.  Die Stufungen von Weiß zu Weiß übergehend in Perlmutt, in Elfenbein, in Glasweiß und Emailleweiß, sind nie wieder so betörend gemalt worden.  Vielleicht war es die Angst vor der Schönheit dieser Arbeiten, die ihn dazu antrieb es noch einmal ganz von vorne zu beginnen.  Und das war für ihn die Wiederaufnahme der Abstraktion:  Kompositionen auf der Fläche, farbige, bis bunte Felder, – manchmal auch Collagen, – aber auch hier wurde wieder sein großes Talent und die dazu gehörende tastende Suche sichtbar.  Und doch war das nicht sein Anliegen, und so fand er schließlich wieder zurück zu den alten Fragen der Menschheit, nach sich selbst; Menschen im Raum, in der Landschaft, in der Stadt, in Gruppen, Körper in Aktion und im Stillstand.

Philipp Mager scheiterte nicht.  Er malt jetzt großformatige Bilder, voller Spannung und somnambuler Stimmung.  Ein neuer Weg liegt vor ihm, und mit jedem Bild bestätigt sich, dass er richtig gehandelt hat.

Doch eine Konstante gibt es, denn ähnlich wie bei den Schlachtenbildern des Uccello, bleibt auch auf seinen großformatigen Bildern jede Bewegung wie in Glas gegossen stehen.  Die Neigung zum Stillstand kann er nicht ablegen, und so malt er in langen Abständen den absoluten Stillstand, sich selbst vor Spiegel:  Auftauchend sein Gesicht im kleinen Format, oft mit der Mütze auf dem Kopf, suchen die darunter liegenden Augen eine Antwort; launig, abwartend verhangen der melancholische Blick.  Warten auf eine Antwort aus dem Spiegel, von der Malerei, von seiner Malerei, Antwort, egal von wem und woher.  So vergeht die Zeit am und im Bilde, dann bleibt die Zeit stehen und ein Kunstwerk ist entstanden.

Klaus Fußmann

Szenenwechsel

NEUE BILDER: 27 Bilder aus den Jahren 2009 bis 2011
Kunstverein Hohenaschau, Ausstellung vom 6. Mai bis 19. Juni 2011

Im Jahr 2009 begann Philipp Mager seine Werke durch das Erscheinen der Figuration inhaltlich zu verändern. Erstmalig wird die Erweiterung seines Oeuvres und gleichzeitig neue Werkphase in einem Katalog präsentiert.
Sie leitet einen bedeutenden Richtungswechsel in Magers künstlerischem Ausdruck ein. Geblieben sind neben der Farbigkeit gegenständliche Versatzstücke aus den vorangegangenen Jahren, die die früheren Stillleben, Interieurs und kargen Stadtlandschaften sowie die Arrangements kastenartiger Module nun mit der Figuration narrativ vereinen. Einst das gesamte Bild inhaltlich wie räumlich bestimmend, erhalten die ordnenden Module eine neue Rolle und bilden den Raum für die Szenen. In den neuen Arbeiten ist die menschliche Figur mit ihren Handlungen das Zentrum der Aussage. Bedeutend sind die Module jedoch noch immer für die räumliche Tiefe der Gemälde und für deren Struktur. (Ein kleineres Werk mit einer Reihe dieser Motive aus dem Jahr 2008 bezeichnet der Künstler sogar als »Keimzellen«, ein weiteres aus dem Jahr 2009, »Modul«, markiert den Höhepunkt und das gleichzeitige Ende dieser figurationsfreien Phase.)
Parallel zum malerischen Prozess zeigen sich genreartige Darstellungen von Personenstaffage, die sich – wie der Maler – um die strukturelle und farbliche Ordnung des Bildes kümmert. Gestalterisch fußt die Bildtiefe auf der Idee des Malers, den Gemälden durch pointiert gesetzte Fluchtpunkte und der Überbetonung von Raum im Raum Dreidimensionalität zu verleihen. Wie in seinen nonfigurativen Werken achtet Philipp Mager auf Farbabmischungen in Grau- und Pudertönen – stark an eine Grisaille erinnernd – und verwendet nur sparsam akzentuierend leuchtende Farben. Somit vermitteln die Arbeiten durchgängig eine ruhige Atmosphäre, in der sich der Betrachter in die geheimnisvollen Geschehnisse entführen lassen kann.

Auffallend ist Magers Affinität zu den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, der kulturell wie politisch spannenden Interimszeit zwischen den beiden Weltkriegen. Den Künstler verbindet mit dieser Zeit eine nostalgische Sicht auf die Gesellschaft, die einerseits nach den Kriegswirren erleichtert aufatmete und neue Lebensfreude schöpfte, sich andererseits auf dem schmalen Grat zu einer Neuordnung befand, auf deren Scheitern dunkle Bildgründe in der zeitgenössischen Malerei weitblickend hinweisen. Diese Vorliebe Magers schlägt sich teilweise in den Interieurs sowie der äußeren Erscheinung der Figuration nieder. Aber auch stilistisch kann der Künstler eine gewisse Neigung zu dieser Zeit nicht leugnen, tendieren seine Bilder doch zu einer Kühle und Künstlichkeit, die ebenso auf Werken der Neuen Sachlichkeit zu finden sind. Glänzende Oberflächen verstärken diesen Effekt. Sie finden sich im Übrigen als Kontinuum im gesamten Oeuvre Philipp Magers wieder. Selbst das Inkarnat der Figuren wirkt oftmals artifiziell, erinnert an glasiertes Porzellan und suggeriert Haptik sowie Körperlichkeit, aber auch Zerbrechlichkeit. Magers malerische Behandlung von Oberflächen und Materialien verursacht ein Hin und Her zwischen Distanz und Neugierde des Betrachters.
Philipp Mager verleiht den Farben eine fließende Textur, die es dem Rezipienten ein Stück weit ermöglicht, sich in die rätselhaften Erzählungen hineinsehen zu können. Es zeigen sich Plastizität und Flächigkeit in weichen Farbübergängen und nuancierten Valeurs als plakativ gestaltetes Nebeneinander.

Mager hat in seiner Zeit als Volontär im Malsaal der Deutschen Oper in Berlin einen wahren Schatz an Impressionen sammeln können. Sie berühren sein Werk in vielerlei Hinsicht und dienen als Grundlage für die Inszenierungen seiner Bilder. Daher kann das in veränderter Funktion erscheinende Modul auch als pars pro toto des tiefen Bühnenraums interpretiert werden. »Hineinhorchen« (Abb. 27, Umschlag hinten) verdeutlicht die suggestive Kraft dieses schwarzen Kastens, der Protagonist blickt trostlos ins Nichts und sieht seine eigene Endlichkeit. Zudem erscheinen die Figuren auf allen Motiven scharf ausgeleuchtet, wie Schauspieler in einer Aufführung. Philipp Mager generiert illusionistische Räume, in denen eigentümliche Szenarien Hinweise auf die moderne Kultur geben, in der die Gesellschaft durch ihr Handeln den Weg zu ihrem Wohlstand ebnet. Diese Bildräume zeigen visionäre Geschehnisse, die zugleich Hoffnung und Ängste der Protagonisten vermitteln. Auf das Gleichgewicht der Figuren im Raum legt der Künstler großen Wert, egal ob ein Einzelner gezeigt wird oder eine Figurengruppe. Doch selbst wenn mehrere Figuren in eine Szenerie eingebunden sind, wirken sie in ihrer Umgebung isoliert und einsam. Mager betont die ureigenste Singularität des Individuums, in welchem Umfeld es sich auch immer befindet.
Philipp Mager adaptiert traditionelle Themen, indem er alte Inhalte ungewohnt inszeniert (z.B. »König«, Abb. 9, »Du schaust nach Abend«, Abb. 15, »Fußwaschung«, Abb. 24), Zusammenhänge neu erfindet und dabei seine malerischen Möglichkeiten auslotet.

Barbara Leicht, Kunstmuseum Erlangen

Paint

Projekt Meinersen:

Für seinen Aufenthalt als Stipendiat im Künstlerhaus Meinersen hat Philipp Mager sich ein besonderes Arbeitsprojekt vorgenommen. Er hat sich entschlossen eine Serie von zehn Bildern zu malen, alle im gleichen Großformat von 160 x 180 cm und dieser Serie den Titel “paint” zu geben. In sich sind die zehn Bilder in drei Themenkomplexe unterteilt, die sich unter die Begriffe: Auto, Arbeit, Aggression gruppieren lassen. Zum Thema Auto sind drei Bilder entstanden, ebenso zum Thema Arbeit und vier Bilder zum Thema Aggression. Motive aus diesen drei Themenkomplexen hat Philipp Mager auch schon in früheren Werken verarbeitet. Er umkreist malerisch seine Bildinhalte immer wieder aufs Neue und nimmt Versatzstücke auf, die Puzzlesteinen ähnlich oder wie variable Steine aus einem Baukasten vielseitige Verwendung finden können. Alle drei übergeordneten Themen: Auto, Arbeit, Aggression verwendet der Künstler als Stellvertreter für Zeitphänomene unserer von Technik und Entfremdung dominierten Welt. Immer befasst er sich in seinen Bildern mit den grundsätzlichen Fragen des menschlichen Lebens. Wie ein Widerspruch in sich wirkt es, dass Philipp Magers Bilder aktuell-gegenwärtig und zugleich wie aus der Zeit gefallen wirken. Ort- und Zeitbezüge lassen sich nur vage bestimmen. Sie werden eher ausgelöst durch Assoziationen als durch Wissen und rufen Erinnerungen wach an Gesehenes oder Erlebtes, das aus anderen Zusammenhängen bekannt erscheint. Die in ihnen liegende eigenartige Atmosphäre völliger Losgelöstheit birgt in sich eine intuitiv unmittelbar erfassbare, allgemeingültige Grundsätzlichkeit, eine Grundsätzlichkeit, die uns alle angeht.

Die gewählten Themen beziehen sich im weitesten Sinne auf die Fragen nach Zugehörigkeit, Verwurzelung, auf Vergeblichkeit und Leere, auf den Sinn alltäglicher Abstumpfung und Gefühlskälte. Jedes Bildthema von Philipp Mager könnte gelesen werden als eine Metapher, die bildliche Übertragung eines dahinter liegenden Sinns. Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt das Thema Auto, so lässt sich das Fahrzeug als Fortbewegungsmittel verstehen als Inbegriff unserer technologisierten, fortschrittsorientierten Gesellschaft. Es entspricht den Forderungen nach Mobilität, nach Beschleunigung und Beweglichkeit und birgt in sich das genaue Gegenteil: Rast- und Ruhelosigkeit und je mehr das Auto zum beweglichen Haus, einem Lebensort wird, steht es für Instabilität und Entwurzelung. In Philipp Magers Bildern kann Auto gelesen werden als Ort der Entfremdung und Vereinzelung. Als das, was bleibt, wenn Bezüge sich aufgelöst haben und keine Zugehörigkeit zu einem Identität und Geborgenheit schaffenden Ort – dem Haus – und der darin lebenden Gemeinschaft von Menschen mehr gegeben ist.

Auch das Thema Arbeit, stellt Philipp Mager in seinen Bildern auf eine Weise dar, die gekennzeichnet ist von Sinnlosigkeit bis hin zu Absurdität. Die Tätigkeiten der Menschen scheinen völlig zweckfrei zu sein. Egal, was die handelnden Personen in seinen Bildern tun, ob sie Kabel aufrollen, Kästen stapeln, am Rad drehen oder einfach nur ins Leere starren, der Sinn einer Handlung bleibt unklar. Alles Tun ist überschattet von latenter Vergeblichkeit. Sinn und Zweck bleiben verborgen, nützlich oder mit einem bestimmten Ziel verbunden, sind die menschlichen Tätigkeiten in diesen Bildern nicht. Mit der in ihnen zum Ausdruck kommenden eher pessimistisch gestimmten und von tiefen Zweifeln durchzogenen geistigen Haltung, reihen sich die Bilder ein in eine vornehmlich aus der Literatur bekannte Kunstrichtung, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts ihren Anfang nahm, in den Werken des absurden Theaters oder den Themen und Fragen der französischen Existenzialisten. Die Absurdität, das Gefühl von Vergeblichkeit, ist eine Grundempfindung des in seiner Welt entfremdeten modernen Menschen. Mit den Möglichkeiten der Malerei schafft Philipp Mager eine Transformation ins Bild von der Suche nach Sinn und der Sehnsucht nach Verortung in einer zunehmend auseinanderfallenden Welt.

Als dritte Werkgruppe der in Meinersen entstandenen Serie bearbeitet Philipp Mager mit intensiver malerischer Wucht das Thema Aggression. Der Grausamkeit und Brutalität der Motive stellt er einen überbordenden Malduktus entgegen. Gefühlskälte und Gleichgültigkeit werden schonungslos in eine Malerei übertragen, die nicht sezierend, analytisch-kühl, sondern heftig-pastos, dicht und schrundig, schroff und schwer auf der Leinwand steht. Diese materielle Wucht der Farbe stellt sich der Grausamkeit der handelnden Personen entgegen. Sie wühlt den Betrachter auf. Die Farbe, ihre Materialität wird zum Werkzeug des Künstlers seine ureigene Sprache um Unsagbares auszudrücken. Philipp Mager hat sich mit seinem Meinersen Projekt eine komplexe Aufgabe gestellt. Er setzt sich mit den Mittel der Malerei auseinander mit “dem gefährlichsten Raubtier, das die Erde kennt”, mit dem Menschen. Der Mensch in seiner Beziehungslosigkeit und Entfremdung, mit seinen Perversionen und psychischen Untiefen. Es ist das Vorhalten eines Spiegels, es ist das Aufrütteln aus Apathie und Abgestumpftheit, es ist das, was Kunst in jeder Form, zu jeder Zeit immer wieder zu leisten in der Lage ist: Uns in unserem Tiefsten zu berühren, aufzuwühlen und zum Denken anzuregen.

Christiane Grathwohl-Scheffel, Museum für Neue Kunst, Freiburg

Unmittelbar

Der alltäglichen Bilderflut und der damit verbundenen Informationsfülle unserer digitalen Zeit setzt der Berliner Künstler Philipp Mager ein stilles Beharren entgegen. Die vielfachen flüchtigen Eindrücke evozieren bei ihm weder aufgeregten Aktionismus, noch gleichmütigen Rückzug aus der Bilderwelt, vielmehr transformiert er Erlebnisse und Erinnerungen ganz solide und materiell in unmittelbare, intensive Bilder von atmosphärischer Dichte, welche die Vergänglichkeit der Zeit und die Unsicherheit des Moments aufheben.

Seine Kunst ist schon seit jeher geprägt von einem behutsamen und konzentrierten Suchen nach Bildsprachen, die das Verborgene hinter dem Sichtbaren erahnen lassen. Dieses Suchen war nicht nur in den pudrig – leichten Pastellen mit den weißen, glatt glänzenden Gefäßen spürbar, sondern auch in den leuchtend farbigen Collagen früherer Jahre, und es wird auch in seinen faszinierenden jüngsten Arbeiten deutlich.

Diese Bilder erzählen von Gegenwelten, von unsentimentalen rätselhaften Welten, in denen der Mensch seine Spuren in Form genormter Architekturen und schmuckloser Innenräume hinterlassen hat. Der Betrachter kann in Magers Bildern Dinge finden, die er nicht kennt, aber an die er sich dennoch erinnert. Der Künstler beschreibt Phänomene eines globalisierten Landschaftsraumes mit fensterlosen industriellen Flachbauten, die sich mit ihrer Hauskante dominant in den Vordergrund schieben, aber dennoch die irisierende Farbgewalt des Himmels nicht verdrängen können (Gebäude 3, 2008). Oder er zeigt Häuser in geometrischen Grundformen, mit geklappten Dächern und Fensterfronten, mit vor- und zurückspringenden Fassaden, die ein spannungsreiches Spiel von Licht und Schatten verursachen. Immer wieder tauchen einzelne, nicht näher definierte Masten am Bildrand auf. Laternepfähle oder Windräder? Zumindest durchschneiden sie mit ihren überdimensionalen Schatten die vielfarbige Natur und verändern dabei deren Farben.

Keine menschlichen Figuren bevölkern die Bilder, die sich immer wieder in dem Spannungsfeld von innen und außen bewegen, einmal explizit auch so tituliert, sonst aber immer wieder thematisiert, etwa wenn zu den puristischen Architekturen intime, private, aber dennoch spartanische Innenräume hinzukommen, die in ihrer strengen Formensprache als Fortsetzung der Außenräume gelesen werden können.

Magers Einblicke und Ausblicke, Wahrnehmungen und Visionen sind aus Farbe, Licht und Schatten aufgebaut. Sie vermeiden Eindeutigkeiten – und schaffen so die Synthese zwischen Räumlichkeit und Fläche, zwischen gezielter Komposition und Informel, zwischen Dokumentation und Vorstellung. Dabei bewegt sich Mager immer wieder zwischen opulentem, überschwänglichem Farbreichtum – als seien die Bildmotive nur Anlässe, um in immer neuen variantenreichen Farbkompositionen zu schwelgen – und einer asketischen Reduktion des Kolorits, die in einer Art Grisaille – Malerei mündet. So sind die Stangen im gleichnamigen Bild (Stangen, 2008) mit weiß schimmernder Oberfläche gemalt; Erinnerungen an die Oberflächengestaltung der Gefäße in den Arbeiten früherer Jahre werden wach. Die Stangen sind dicht nebeneinander in den betongrauen Raum gestellt. Nur ein hellrosa Schatten an den vertikalen Rundelementen und auf der Raumwand deuten noch einen Rest von Farbigkeit an. Als sei die Farbfülle plötzlich zu übermächtig und erdrückend. Und nur eine vollständige Abkehr von den Reizen einer übervollen Farbpalette und die damit verbundene Rückkehr ins Helle ermögliche wieder den erneuten Einsatz des Kolorits. Als könne nur eine solche Vorgehensweise, die sich ausgewogen zwischen Kontinuität und Wandel bewegt, wieder ein Eintauchen in so nuancenreichen Farbräume erlauben, wie sie in einer anderen Malerei (Zellen, 2009) auftauchen. Hier sind kleinste Farbwürfel wabenartig miteinander verbunden. Jeder Klang, deutlich unterschieden in Licht- und Schattenfarbe, taucht nur einmal auf, aber alle zusammen bilden eine spannungsreiche Symphonie mit einem hellen, Licht durchfluteten Zentrum und dunkleren schattenreichen Rändern.

Die hier insgesamt vorherrschende lichte Wirkung gibt der Künstler jedoch schnell wieder auf, vom Schatten ins Licht bewegt sich das Farbspektrum in der sorgsam komponierten jüngsten Arbeit (Kammern, 2009). Die modular zusammengesetzten Kuben unterschiedlicher Größe zeigen einen streng kontinuierlichen Helligkeitsverlauf, der spielerisch unbeschwert durch Kontraste und Komplementäre gebrochen wird. Die räumlichen Pixel, die unweigerlich Fantasien über die dahinter verborgene Gegenständlichkeit evozieren, erforschen mit Licht, Größe, Farbigkeit und Perspektive den (Bild)-Raum und experimentieren mit der Vielfarbigkeit von weiß und schwarz. Philipp Mager ist ein Künstler, der durch die subtil aufeinander abgestimmten, manchmal lauteren, manchmal leiseren Farbklänge eine außerordentlich wirkungsvolle Malerei schafft, die den Betrachter ganz unmittelbar emotional berührt, und ihn unweigerlich in ihren Bann zieht. Die konzentrierte Innerlichkeit, die sich in formaler Reduktion widerspiegelt, lässt immer wieder Leerräume im Bild entstehen, die als Projektionsflächen für Imaginationen genutzt werden können.

Martina Sutter-Kress, Erlangen